Burgenland Burgenland Burgenland Burgenland

Richtige Ansprache des Bodens

Mehr Klarheit in der Thematik könnte zunächst eine richtige Ansprache des Bodens ermöglichen. Als Hilfestellung hierfür (insb. zweckdienlich vor der Weingartenneuanlage) sind mehrere Informationsquellen vorhanden:
Bodenkarten
Visuelle Diagnostik
Bodenprobe (Nährstoffanalyse)
Bodenprofil (Horizonte, Eigenschaften u.a.)
Bodentyp
Geologische Karte und Bodenkarte
Ein Blick in derartige Kartenwerke ist als Erstinformation sicherlich sehr dienlich. Besonders die von der Österreichischen Bodenkartierung herausgegebene eBOD bietet in der frei verfügbaren digitalen Form (www.bodenkarte.at) eine Vielzahl an interessanten Informationen über ein Gebiet und seine Weinbaurieden. Wenn die Wissbegierde aber konkret einzelne Weingartenflächen (Parzellen) betreffen und dort in die Tiefe gehen soll, wird der Winzer zu seinem Vorteil nicht umhin können, die detaillierten standortspezifischen Bodeneigenheiten zu erheben. Diese Informationsbeschaffung erscheint insbesondere vor einer Wiederbepflanzung mit Reben (Anm.: bei der Rodung der Altanlage, jedenfalls vor dem empfehlenswerten Rigolen der Fläche) von unschätzbarem großen Nachhaltigkeitswert. Aktive intensive Eigeninitiative zu diesem Zeitpunkt lohnt sich sicherlich in den folgenden Jahrzehnten der Rebennutzung und für die nächste Winzergeneration.

Visuelle Diagnostik
Oberflächen-Relief (Hochplateau, Tiefebene, Wölbung, Neigung und Exposition des Hanges), Homogenität des Bodens in der Rebfläche, Bodenabtrags- und Bodenanlandungsbereiche, zonale Unterschiede im Wuchs der Reben, Wurzelwachstum der gerodeten Rebstöcke u.a. liefern allein bei nur einfacher visueller Diagnostik wahre Schätze an Information für nachhaltige Verbesserungen bei der Neuanlage.

Bodenprobe (Bodennährstoffanalyse)
Obwohl die Nährstoffbeprobung des (Fein-)Bodens heute eigentlich jedem Winzer bekannt ist liegen die Durchführung und damit die Aussagekraft leider in einem sehr großen Qualitätsbogen.
Eine Beprobung nur in einer Horizontebene, vielleicht einfachhalber sogar nur in Spatentiefe (0-25 cm) erfüllt zwar vielleicht die eine oder andere Förderungsvoraussetzung der EU, des Bundes oder Landes, sie ist jedoch im Weinbau völlig ungenügend und im Ergebnis die Arbeit nicht wert.
Die vielerorts angepriesene Spatenprobe (ca. 25 cm tief) ist sicherlich für den Ackerbau und das Grünland eine sehr informative Methode. Im Weinbau erscheint jedoch ihre Aussagekraft sehr eingeschränkt, fokussiert nur auf den Oberboden. Wenn zum einen an die Länge der Rebunterlage (i.d.R. ca. 30 cm) und die Horizontebene, in der sich Fußwurzeln entwickeln und zum anderen an die im Weinbau übliche relativ tiefgehende Oberbodenbearbeitung gedacht wird, erklärt sich die Problematik.
Mit einem ausreichend (1 m) tiefgängigem Handerdbohrer aus spezialgehärtetem Stahl (Bohrstich) lässt sich einfach und schnell nicht nur eine Bodenprobe entnehmen, sondern auch im Bohrkern ein grobes Bild über den Horizontaufbau des Bodens schaffen. Über die Zahl der erforderlichen Schläge mit Schlaghammer eröffnet sich einfach eine gute Information über die Stärke und Zonierung der Bodenverdichtung. Auf eine Splittung in Fahrspurbereich und Zwischenachsbereich des Traktors ist jedenfalls zur Informationssteigerung zu achten. Eine Ergänzung durch die „Fingerprobe“ ist von Vorteil.
Vorteilhafterweise sollten (in bestehenden Weinbauertragsanlagen) zumindest zwei Analysen aus den Schichten 0-25 cm (Oberboden) und 25-50 cm (Unterboden) vorgenommen werden. Bei tiefgründigem, potentiell gut durchwurzelbarem Boden empfiehlt sich insbesondere vor einer Rodung und Rebenneuauspflanzung aber auch eine Probenahme aus einer Tiefe unter 50/60 cm, v.a. im Hinblick auf den Kalkgehalt und die Wahl der Rebunterlage sowie die Chlorosegefährdung am Standort. (siehe Beispiel Deutschkreutz Bodenhorizontabhängige starke Unterschiede im Kalkgehalt).
Über eine ausreichende Zahl (20-30) an Einstichen pro Parzelle oder pro markantem Grundstückssektor und eine genügende Probenmenge dürften heute keine weiteren Erklärungen mehr notwendig sein.
Die bei einem Labor in Auftrag gegebene klassische Bodenprobe von völlig unbekanntem Neuland sollte sich nicht nur auf die „klassische“ Nährstoffanalyse in Form der Grunduntersuchung mit pH-Wert (CaCl2 und CAL), Phosphor und Kalium beschränken, sondern hat vorteilhafterweise auch die Analyse auf Kaliumfixierung, Kalk (CaCO3), Magnesium, Kationenaustauschkapazität (KAK) für die austauschbaren Kationen (austauschb. Ca, Mg, K, Na, Al, Fe, Mn), Spurenelemente (B, Fe, Mn, Cu, Zn), Humus, Korngrößenverteilung (Sand, Schluff, Ton) zur Bestimmung der Bodenart und Bodenschwere zu umfassen.

Bezüglich Kalkgehalt und Wahl der Rebunterlage ist der wichtige Hinweis angebracht, sehr genau auf die verschiedenerorts sehr unterschiedlichen Einstufungen zu achten. Beispielsweise erscheinen die von der Bodenkartierung im eBOD (www.bodenkarte.at) in den Karten bei Kalk vorgenommen Kategorie-Einstufungen für den Weinbau kaum dienlich (z.B. Klasse stark kalkhaltig bereits bei >5 % CaCO3). Die Diskrepanz zu den Richtlinien zur sachgerechten Düngung im Weinbau ist sehr groß, ebenso zu den eigenen Kalkeinstufungen. Um eine bessere Entscheidungshilfe für die Wahl der Rebunterlage zukünftig zu ermöglichen, wurde in Anlehnung an die deutsche bodenkundliche Kartieranleitung ein neues diffizileres Einteilungsschema für den Kalkgehalt des Feinbodens erarbeitet. (Siehe Einstufung des Kalkgehaltes von Weingärten)

Profilgrube („Grabloch“)
Viele namhafte Winzer haben sich von ihren imageträchtigen Top-Rieden bereits ein Bodenprofil graben und davon ein Bodenexponat anfertigen lassen. Meist dienen diese Schaustücke in den Degustationsräumen dem Weinmarketing, um den Kunden die natürliche Herkunft der Weine („das Terroir“) visuell und vor allem emotional im Gaumen und in der Nase zu vermitteln.
Noch wesentlich höher ist aber die Wertigkeit des Aushubes eines Bodenprofiles für eine kosteneffiziente, umweltschonende, nachhaltige Qualtitätsweinproduktion einzustufen. Auf Basis dieser lokalen Kenntnis des aktuellen tatsächlich gegebenen Naturzustandes lassen sich bei einer Weingartenneuanlage entscheidende strategische individuelle Ausrichtungen hinsichtlich Bodenpflege, Rebenkultivierung und Weinausbau vornehmen.
Solche Profilstellen werden in der Regel - nach vorangegangenen Sondierungseinstichen mit einem tiefgehenden Handerdbohrer - mit Hilfe eines Baggers oder mitunter auch von Hand aus (in bestehenden Weinbauertragsanlagen im Bereich der Fahrgasse) zumindest bis auf eine Tiefe von gut einem Meter, vorteilhafterweise bis an die fünf Meter (so tief eben der Baggerarm mit der Schaufel reicht) ausgegraben, sofern der geologische Untergrund (Fels, extremer Grobmaterialanteil) es überhaupt zulässt.

In einer im senkrechten Schnitt der Aushubwand vorgenommen visuell unterscheidbaren horizontbezogenen Ansprache des Bodenprofils bekommt man folgende wichtigen Informationsparameter:

Bodenhorizontabfolge, d.h. die Feststellung, in welche Horizonte der betreffende Boden im senkrechten Schnitt gegliedert ist.
Horizontmächtigkeit
Bodenart (Boden-Textur)
Grobanteil (Skelettanteil, Grobbodenmenge)
Gründigkeit (Mächtigkeit des durchwurzelbaren Lockermaterial-Horizontes)
Wurzelentwicklung der Reben und Begrünungspflanzen im aktuellen, tatsächlichen vertikalen Tiefgang und Horizontalbereich vor Ort. Das Hauptaugenmerk sollte den Fußwurzeln gelten. Eine starke Seitenwurzelausbildung der Reben im Oberboden müsste Anlass zum kritischen Nachdenken für jeden Winzer sein.
Bodenstruktur und Porosität: die Beurteilung der räumlichen Anordnung der festen bodenbildenden Teilchen, der Gefügeform und Aggregatgröße, ist für den Praktiker nicht leicht. Die Hohlraumverhältnisse zwischen den Aggregaten (Porenanteil für Luft- und Wasserspeicherung) entscheiden über die Lagerungsneigung (lose bis stark verdichtet).
Aktivität von Bodenorganismen: Mit freiem Auge erkennbar sind jedenfalls die Regenwurmgänge und jene der Kleinsäuger.
Verdichtung durch den zuletzt jahrzehntelangen Einsatz der Weingartenmaschinen sind in Form der Ausdehnung der Druckzwiebeln im vertikalen Tiefgang und in der Horizontalebene häufig anzutreffen.
Kalkgehalt (erfordert Laboranalyse)
Humusgehalt und Nährstoffversorgung (erfordert Laboranalyse)
Wasserverhältnisse (Tag- und Grundwasser): stehen nicht nur im Einfluss der Niederschläge und des Grundwassers, sondern Aussagen dazu erfordern das vielschichtige Netzwerk der jeweiligen Standortverhältnisse zu durchleuchten.
Substratgenese: vom Menschen beeinflusst (gepflügt, rigolt) oder natürlicher (äolischer, fluviatiler, mariner, vulkanogener) Herkunft (Näheres hierzu bei den Bodentypen). Die Einflüsse der anthropogenen Überprägung des Bodens (von Seite des Menschen) durch die in früheren Zeiten praktizierte Rebennutzung sowie durch die gegenwärtige Art der Bodenpflege, die Art der Rebenkultivierung und insbesondere den Einsatz von immer schwererem Gerät können enorm sein.

In der ganzheitlichen Betrachtung eines Bodenprofils lässt sich unter Bezug auf geologisches Ausgangsmaterial, Umgebung und Klima folglich der Bodentyp bestimmen
› Nach Oben › Zurück
Impressum/Datenschutz Kontakt Sitemap Benutzerhinweise